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Reconnaissance
Interview Mag
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Weit
entfernt von Rothko |
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Sean Scully
in den Kunstsammlungen Chemnitz
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Der Übername
Rothko - inzwischen durch Hedgefondsammler unsäglich beschädigt
- ist in Verbindung zur Sean Scully generell untersagt. Man muss
das sagen, weil mittelmäßige Kunstkritiker - und das ist die übergroße
Mehrheit - sich immer wieder dieses süsscremigen Vergleiches bedienen.
Wer nicht sehen kann, hatte auch noch nie besonderes Geschick beim
Schreiben.
Sean Scully
ist alles andere als ein Epigone Rothkos: Er steckt sich in seinen
Bildbegriffen weite Ziele, und bei entsprechender Imaginationsgabe
ist es möglich, ihm bei der Absteckung dieser Räume zu folgen. Es
ist wiederum auch eine Ausstellung, die den großen Oberlichtsaal
der Kunstsammlungen Chemnitz feiert, ein Raum, der starke Bilder
wie jene von Scully erhebt und selbst schwache Ausstellungen immer
wieder erträglich machte. Man hat hier wie von selbst den Traum,
eine Nacht allein in dieser Halle zu verbringen, vor allem mit großer
Kunst.
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Beide
sind cool: Ingrid Mössinger mit Sean Scully in seiner Ausstellung
in den Kunstsammlungen Chemnitz, August 2010. |
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Scully
versucht in seinen Arbeiten, etwas festzuhalten in seiner Wahl von
Erfahrungen aus Leben und Kunst. Manches erscheint als bildnerischer
Affekt, aber es ist niemals überschwenglich, sondern zuverlässige
Malerei, deren Küsten immer schön und weit sein werden. Das entspricht
auch seinem unprätentiösen Wesen. Manches wirkt geradezu sentimental,
im Grunde immer dann, wenn man spürt, dass Scully etwas unbestimmtes
in den Strukturen festhalten will. Man spürt, dass es mit einem bestimmten
Wissen und einer gewissen Erfahrung Dinge gibt, die man eine Zeitlang
tatsächlich bewahren kann, Bilder einer gewissen Qualitätsklasse wie
jene von Scully sind eine Methode. |
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Schauspielerin
Beate Düber und Maler Gregor-Torsten Kozik bei der Scully-Vernissage.
Fotos (4): Kreißig |
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Andere Bilder
geben einen Anspruch auf das, was uns quält - die ungewisse Zukunft
der eigenen Person und des eigenen Lebens. Titel wie "Lost Land",
"Two One One", "Dreamland", "Darkness and Heat", "Day Night", Passenger
Line Red White" oder "Light in August" sind die Hinweise. Vieles
spricht von der Unsicherheit, von der "Angst vor meinen eigenen
Zielen und Wünschen", wie er 2008 in einem Interview mit Walter
Smerling andeutete.
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Alte
Chemnitzer Garde und ein Vertreter der Nachfolgegeneration: Thomas
Ranft, Michael Morgner und Olaf Rauh (v. l.) im Skulpturensaal der
Kunstsammlungen Chemnitz bei der Eröffnung der Scully-Ausstellung. |
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Scullys
Bilder werden gut altern. Das hat einen einfachen Grund: Er lebt in
seinen Arbeiten nicht den Absolutheitsanspruch wie ihn aufgeblasene,
vor Kraft einst fast zerplatztende Maler pflegten - man denke an Baselitz,
Lüpertz und den Immendorf 80er und 90er - deren Treueschwüre von Qualität
und Inhalt so albern waren wie sie bis heute sind. Es sind auch die
Landschaften, die uns mehr prägen als uns in jungen Jahren vorstellbar
scheint, Landschaften, die erst später, in den Jahren über 40, plötzlich
ihre Bedeutung über uns verhängen. Und es ist das Sinnliche, das wir
mit allen Tricks erzwingen wollen, immer zu den Schönen hin, die uns
enttäuschen oder verraten werden. Insofern ist der Ausstellungstitel
"Die Bilderwelt von Sean Scully" eine platte Überschreibung,
die man dem zeitgenössischen Kunstbetrieb in seiner laxen Handhabung
von Text kritisch zuschreiben muss. |
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Sean
Scully und Galerist Bernd Weise. |
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Scullys wahrhaftige
Reputation rührt aus der beruhigenden Art, in seinen Bildern eine
Geschichte aufzubauen, in die man gern einsteigen möchte. Es sind
die Körper, die man sucht und die einem fremd werden durch Alterung,
Gewohnheit, Abnutzung.
Es ist aber
auch die Nähe, das Wissen um Personen, mit denen man lebt und deren
Abwesenheit man allenfalls temporär erträgt. Manchmal wirkt es,
dass Scully die Hoffnung verloren hat.
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Uwe
Kreißig |
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Sean
Scully,
Die Bilderwelt von Sean Scully
15. August - 3. Oktober 2010
Kunstsammlungen Chemnitz |
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