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Reconnaissance
Interview Mag
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Coolness |
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Katharina
Sieverding hält ihre künstlerische Existenz auf hohem
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Es gibt Künstlerinnen,
die zerbrechen am Druck der erwünschten Coolness, andere personifizieren
sie und übertragen sie schließlich in ihre Arbeiten - das
ist die intelligenteste Form, sich mit den wechselnden Ansichten
im Kunstbetrieb auseinanderzusetzen. Katharina Sieverding ist hierbei
die unübertroffene Meisterin in Deutschland geblieben. In ihren
Arbeiten spiegelt sie den urbanen Raum und deren Menschen, sie fängt
deren Signale auf und reflektiert sie in ihren Fotobearbeitungen.
Sie fühlt sich offenbar keinem besonderen Stil verpflichtet, aber
ist immer Stilistin geblieben. Und sie strebt in ihren Arbeiten
eine besondere Sichtweise beim Betrachter an, aus dem wiederum bestimmte
Gefühle beim Betrachter resultieren.
Ein Vorteil
für Sieverding mag gewesen sein, dass das avisierte Fräuleinwunder
in der Kunstszene in Wirklichkeit nie stattgefunden hat: Ende der
90er Jahre schien die Zeit reif: Nach der Buchszene, die ihre Fräuleins
zuerst in Nullliteratinnen wie Judith Herrmann und Zöe Jenny und
später in literarischen Hochstaplern wie Charlotte Roche und Sarah
Kuttner gefunden haben wollte, sollte nun die bildende Kunst dran
sein. Ein paar Karriereversuche wurden von Galeristen und Kuratoren
gestartet. Das Rezept war ähnlich in der Literatur: halbwegs gefällige
Arbeiten von möglichst attraktiven, jungen Künstlerinnen, die aber
nicht zu schön sein durften, denn das hätte wiederum aus Feuilletonsicht
eine angebliche Qualitätsminderung bedeutet. Um es kurz zu machen:
Viel wurde nicht aus den Plänen, und manche der Künstlerinnen sind
im kleinkunsthistorischen Kuriositätenkabinett gelandet.
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Katharina
Sieverding, Galerie Wilma Tolksdorf, Vernissage. Fotos (2): Kreißig |
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Damals, Ende
der 90er, hätten sich auch die etablierten Damen des westdeutschen
Kunstbetriebs kurzzeitig Sorgen machen müssen, im Wesentlichen ja
Rebecca Horn, Isa Genzken und Katharina Sieverding. Wie reagiert
man auf lancierte Personen, die plötzlich die Unterstützung
von Investoren, Kuratoren und gekauften Journalisten erhalten? Am
besten man bleibt cool und liefert Qualität, dann hat man niemals
etwas zu befürchten. Inzwischen scheinen alle Messen gelesen,
und wenn man die 2011er Ausstellung Sieverdings bei Wilma Tolksdorf
in Frankfurt/M. braucht man sich gleich gar nicht mehr Sorgen machen.
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Es
ist alles gesagt: Katharina Sieverding, 2011. |
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Wenn man von
den sehr offensiven Preisen absieht, die man nicht mehr so erwartet,
ist Sieverding weiterhin gern gesehener Gast am Jungborn der Kunst.
Die aktuellen Arbeiten verströmen wie gehabt diese Melange von Coolness,
Sinn und Unnahbarkeit, die immer die Stärken ihres Werkes waren.
Die gewissen Unschärfen der neuen Arbeiten sind ihre Spiegel vom
Leben und seinen Abgründen.
Es dreht sich
nicht um Vögel und Blumen, sie spricht über Dinge, die zu ihr passen.
Im kurzen Galeriegespräch ist sie souverän wie defensiv.. Sie nimmt
sich nicht so wichtig wie die Männerstars der Zunft, nicht zuletzt,
weil sie ihre Souveränität trotz der seichten Versuchungen des Kunstmarktes
nie eingebüßt hat. Sie macht ihre Fotobearbeitungen, stellt diese
de facto auf den Sockel und sagt damit, dass es das sei. Und damit
liegt sie genau richtig.
Uwe Kreißig
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